E. Hobby (Hg.): The Birth of Mankind

Cover
Titel
The Birth of Mankind. Otherwise Named, the Woman’s Book


Herausgeber
Hobby, Elaine
Reihe
Literary and Scientific Cultures of Early Modernity
Erschienen
Farnham 2009: Ashgate
Anzahl Seiten
xxxix+310 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Hiram Kümper

Rund einhundert Jahre lange, zwischen der ersten Ausgabe von 1540 und der letzten von 1654 erfreute sich das hier edierte Hebammenhandbuch mit mehr als zehn Auflagen – die genaue Zahl ist nicht recht zu ermitteln – grosser Beliebtheit auf dem englischen Buchmarkt. Dabei handelt es sich um die Übersetzung des erstmals 1513 erschienenen «schwangern Frauwen und Hebammen Rosengarten» des Eucharius Rösslin, dem seinerseits breite Aufnahme im deutschen Sprachraum und weit darüber hinaus beschieden war (ein Digitalisat der Ausgabe von 1528 ist über den Server der SUB Göttingen online greifbar). Die hier edierte englische Übersetzung blieb nicht die einzige, greift auch nicht unmittelbar auf den deutschen Text, sondern bereits auf die lateinische Übertragung («De partu hominis») zurück. Die Erzeugnisse des englischen Buchdrucks des 16. und 17. Jahrhundert sind an sich verhältnismässig gut, jedenfalls deutlich besser als man das für den deutschen Sprachraum sagen könnte, über Nachdrucke greifbar. Mehrere grosse Serien bedienen dieses Feld. Von «The Birth of Mankind» allerdings lag bislang nur ein Mikrofilm der letzten Ausgabe, derjenigen aus dem Jahre 1654, vor. Diesem Werk, das bis dahin bereits eine Reihe von Bearbeitungen seit der Erstausgabe durchlaufen hatte, war offenbar kein grosser Erfolg beschieden, vielleicht auch, weil wenige Jahre zuvor Nicholas Culpepers erfolgreiches «Directory for Midwives» (1651) und damit ein deutlich jüngeres Konkurrenzwerk erschienen war. Nun dagegen liegt eine überlegt konzipierte, eingehend kommentierte, allerdings sprachlich vorsichtig modernisierte Edition der Ausgabe von 1560 vor, die nicht nur den letzten Bearbeitungsstand nach dem Tod des Herausgebers Thomas Raynald, sondern vor allem die Ausgabe mit der deutlich weitesten Verbreitung repräsentiert. Das ist eine gute Entscheidung, denn nach 1560 bleibt der Textbestand des Werkes vergleichsweise stabil, vor allem aber treten anatomische Zeichnungen hinzu, die von nun an die Textgeschichte begleiten und hier ebenfalls reproduziert werden. Von der Textgeschichte selbst kann der Nutzer sich im Übrigen auch selbst überzeugen, denn die Abweichungen sämtlicher anderen Ausgaben hat die Herausgeberin Elaine Hobby ihrer Ausgabe in zwei umfangreichen Appendixen beigegeben und so den Apparat des eigentlichen Editionsteils, der sich mit Worterklärungen, Quellennachweisen und dem Nachweis sämtlicher Abweichungen gegenüber sowohl dem deutschen Text Rösslins als auch der lateinischen Übersetzung bereits genug vorgenommen hat, deutlich entlastet. Das ist ein Aufwand, den die meisten Editoren wohl scheuen würden. Weitere Anhänge geben einzelne Texte der frühen Ausgaben (Vorworte, Widmungen, einzelne Rezepte), die von der hier edierten bereits abgestossen worden waren. Abgerundet wird der Band durch ein Glossar der medizinischen Fachbegriffe mit Quer- und Literaturverweisen sowie einem sorgfältig bearbeiteten Register der Namen und Sachen. Voran stellt die Herausgeberin eine kundige Einleitung in Werk, Herausgeber, Textgeschichte und zeitgenössische Gynäkologie. Diese Einführung hat betont und sehr diszipliniert hinleitenden Charakter, um den Leser für die Lektüre des edierten Werkes vorzubereiten, und vermeidet auf angenehme Art überlange, gelehrte Ausführungen. Alles in allem liegt also mit diesem Band eine leserfreundliche, gut erschlossene Ausgabe eines zentralen Textes für die Geschichte der Frauenheilkunde auf den britischen Inseln vor, der angesichts der seit den letzten Jahren boomenden Studien auf diesem Gebiet auf gute Resonanz hoffen darf. Die Modernisierung des Textes bleibt aus editorischer Sicht bedenklich – zumal, wenn auf der anderen Seite so grosser Wert auf die Textgeschichte gelegt wird. Für den grossen Kreis der anzunehmenden Nutzer aber, die vor allem Interesse an einem leicht zugänglichen Text haben dürften, stellt dieser Eingriff eine erhebliche Erleichterung dar. Aus dieser Perspektive kann die Ausgabe nur als ausgesprochen gelungen bezeichnet werden.

Zitierweise:
Hiram Kümper: Rezension zu: Elaine Hobby (Hg.), The Birth of Mankind. Otherwise Named, the Woman’s Book (=Literary and Scientific Cultures of Early Modernity), Farnham u.a., Ashgate, 2009. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Religions- und Kulturgeschichte, Vol. 103, 2009, S. 327-328.

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